Das Bundeskabinett hat den Gesetzesentwurf aus dem Bundesjustizministerium zur Neuregelung der Telekommunikationsüberwachung und anderer verdeckter Ermittlungsmaßnahmen mit einigen Änderungen am heutigen Mittwoch beschlossen. Mit dem heftig umstrittenen Vorhaben, gegen das sich gestern noch einmal zahlreiche Medienverbände aus Angst um die Aushöhlung von Pressefreiheit und Informantenschutz stark gemacht hatten, will die Bundesregierung auch die Brüsseler Vorgaben zur Vorratsspeicherung von Verbindungs- und Standortdaten umsetzen. In der vorgeschlagenen Form erscheint Bundesjustizministerin Brigitte Zypries diese Maßnahme "verhältnismäßig und mit der deutschen Verfassung vereinbar."
Generell verteidigte die SPD-Politikerin den mit Begründung 200 Seiten umfassenden Entwurf mit dem Hinweis, dass der Grundrechtsschutz der Betroffenen ausgebaut würde. So soll das Vorhaben etwa den vom Bundesverfassungsgericht geforderten Schutz des Kernbereichs der privaten Lebensgestaltung bei verdeckten Observationen stärker gewährleisten und die Benachrichtigung der Betroffenen verbessern. Andererseits läutet der Vorstoß mit der Vorratsdatenspeicherung eine Umkehr bestehender Datenschutzbestimmungen und die Aufgabe der Unschuldsvermutung ein.
In diesem Bereich sollen die präventiven Möglichkeiten für Sicherheitsbehörden zur Abfrage der von den Providern aufzubewahrenden Telekommunikationsdaten mit dem Regierungsentwurf im Vergleich zum Referentenpapier deutlich ausgebaut werden. So ist die Verwendung der so genannten Verkehrsdaten nun nicht mehr nur zur Strafverfolgung, sondern auch "zur Abwehr von erheblichen Gefahren" und "zur Erfüllung der gesetzlichen Aufgaben" aller Geheimdienste vorgesehen. Die Vorratsdaten könnten "für die Gefahrenabwehr" genutzt werden, erläuterte Zypries heute vor der Bundespressekonferenz, "wenn die Polizeigesetze der Länder dies ermöglichen". Allgemein müsse ein Richter immer erst die Erlaubnis zum Schürfen in den Datenbergen geben.
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Generell ist der Ministerin nach künftig von den Anbietern sechs Monate zu speichern, "wer mit wem wann und beim Mobilfunk von wo aus telefoniert hat". Es gehe quasi um die Aufbewahrung des Briefumschlags zur Feststellung, wer Absender und Empfänger einer Telekommunikation sei. Wenn jemand ständig mobil telefoniere, hätten die Ermittler damit auch ein Bewegungsprofil, machte Zypries klar. Mit der Beibehaltung der Zugriffsmöglichkeiten auch bei "mittels Telekommunikation begangener Straftaten" seien zudem auch Urheberrechtsverletzungen "im strafrechtlichen Sinne" prinzipiell eingeschlossen. In diesem Bereich drohen die Regelungen, was etwa beim Filesharing ein Verbrechen darstellt oder nicht, künftig mit der umstrittenen geplanten Richtlinie zur strafrechtlichen Durchsetzung geistiger Eigentumsrechte deutlich ausgeweitet zu werden. Zudem pocht etwa die Musikindustrie auch auf einen
Zugriff auf die Vorratsdaten in zivilrechtlichen Verfahren.
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